UNESCO-Welterbe: Der letzte Tango


Die UNESCO schützt nicht nur schöne Gebäude. Seit 2003 gibt es das immaterielle Weltkulturerbe. Seit neuestem steht auch der Tango auf der Liste.

Das UNESCO Weltkulturerbe ist eine feste Institution. Die UNESCO möchte das Erbe der Menschheit schützen und bewahren. 2003 war man der Meinung, dass der Mensch Kultur nicht nur in Form von großen und schönen Gebäuden ausdrückt. Wir bauen nicht nur Kultur, wir machen Kultur. Wir sind Kultur. Deswegen gibt es seitdem das "immaterielle Weltkulturerbe". Es schützt all die Formen von Kultur, die man nicht anfassen kann. Dazu zählen Brauchtum, Sprachen, Musik oder Handwerk.

Die UNESCO unterhält eine so genannte "Liste der Meisterwerke". Darauf finden sich neunzig Beispiele, welche "die Vielfalt der Facetten menschlicher Kulturen" zeigen. Alles, was auf dieser Liste erwähnt wird, ist offiziell immaterielles Weltkulturerbe – und somit besonders schützenswert. Der Tenorgesang der sardischen Schäferkultur in Italien ist hier erwähnt, aber auch der Maskentanz der Trommeln von Drametse in Bhutan. Das Ziel ist klar: kulturelle Vielfalt muss erhalten bleiben.

Jetzt hat die UNESCO die Liste um vier kulturelle Ausdrucksformen erweitert. Drei davon sind das Drachenboot-Festival in China, die Heilig-Blut-Prozession im belgischen Brügge und die indonesische Batik-Technik – wenn die Hippies das gewusst hätten.

Bekanntester Neuzugang ist jetzt der Tango. Ende des 19. Jahrhunderts entstand der "vertikale Ausdruck eines horizontalen Wunsches" (Daily Telegraph) in Südamerika. Bis heute ist sein Rhythmus fester Bestandteil der Kultur. Der Norden ist auch auf den Geschmack gekommen: Finnland ist begeisterte Tango-Nation. Die Einwohner tanzen ihn gerne in Moll-Tonarten, während die geschützten Südamerikaner Dur bevorzugen. Aber wahrscheinlich ist das Erbe so besser verwahrt, in dem es angepasst wird, ja Neues schafft als wenn es in Acryl gegossen und versteinert wird.

114 Nationen haben das Abkommen zum immateriellen Weltkulturerbe unterschrieben. Deutschland übrigens noch nicht, denn wer soll überhaupt die schützenswerten Feste, Kulturen oder Handwerke bestimmen? Was ist überhaupt repräsentativ für ein Land? Österreich hingegen ist seit 9. Juli 2009 Vertragsstaat und so könnte man die Käsknöpfle als Wekltkulturerbe auch schützen.

Aber das Problem bleibt dasselbe wie schon beim Denkmalschutz. Was kann und soll man in einer Welt der raschen Änderungen schützen? Schon das Wort Erbe weist darauf hin: Wer würde sein ererbtes Vermögen in einen Glaskasten stellen und es dort als Denkmal verwahren?

Erbe ist doch etwas, was von der Vergangenheit in die Zukunft wirkt und Neues schafft.

Die Welt als ein Museum verstanden ist nicht nur Konservativismus sondern hat etwas von einer chilliastischen Weltungangsstimmung. Die Archäologen und Historiker der grünen Männlein die dereinst hier landen werden, sollen noch Spuren von uns vorfinden. Daher wären auch Käsknöpfle und Wiener Schnitzel, Fasstauben und Funkenzunft, Sauerkraut und Tiroler Gröstl, Riebel und Surer Käs, ja Hammer und Sichel, Joghurtbecher und Tetra-Pak dringend dem Weltkulturerbe hinzuzufügen.

Wäre doch schrecklich, wenn das alles dereinst die Kinder der grünen Männlein in ihrer Schule als Geschichte von einem untergegangenen Planeten nicht lernen müssten?


Quelle:
Übereinkommen zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes

Kommentar veröffentlichen

  © Blogger template AutumnFall by Ourblogtemplates.com 2008

Back to TOP