Pflegegeld-Skandal: Von wegen Pflege zuhause ...


Die Gsiberger machen auf einen Rechnungshofbericht aufmerksam, der bei der Pflegeldgewährung zahlreiche Ungereimtheiten aufzeigt. "Für Vorarlberg weist er derart krasse Missstände aus, dass es unerklärlich bleibt warum die Politik sich nicht damit beschäftigt" sagt Bernhard Amann "wiewohl man täglich in den Parteibüros die Nägel bis auf die Wurzeln niederkaut um ein Thema für Medien und Wahlkampf zu finden".

Ein regelrechter Skandal ist die Feststellung des Rechnungshofes, dass in Vorarlberg 60 Prozent der bei Gericht angefochtenen Pflegegeldbescheide durch diese Gerichte aufgehoben werden. "Wenn bei einem Gericht ein Richter eine Quote von 'nur' 20 Prozent an aufhebungswürdigen Urteilen produzieren würde, dann würde man diesen sofort bis zum Pensionsalter in die Schreibstube versetzen" ärgert sich Bernhard Amann über derartige Rechtstaatsferne bei der Pflegegeldbewährung, denn schließlich sind die Hilfesuchenden dort in der Regel auch gehandicapt.

Dieser Zahl steht eine zweite Ungereimtheit gegenüber, bei der alle Alarmglocken schrillen müssen und wo Tür und Tor für Missbrauch für private Heimleitungen sperrangelweit weit offen stehen müssen und eine Untersuchung auch von anderen Behörden sich zwingend aufdrängt:

Vorarlberg hat dreimal mehr Pflegegeldbezieher in der Pflegestufe 6 als im gesamten Bundesdurchschnitt. Die Bezieher des Pflegegeldes nach der Pflegestufe 6 sind beinahe ausschließlich Heimfälle, denn sie erfordert die dauernde Anwesenheit einer Pflegeperson während des Tages und der Nacht. Man muss also daraus schließen, dass privatisierte Heimleitungen über diesen Sozialmissbrauch sich ein tolles Zubrot verdienen. In Summe macht das Mehrkosten von jährlich 7 Millionen Euro aus, hat der Rechnungshof kalkuliert. Es gibt keine andere vernünftige Erklärung. Jedenfalls ist es weder eine Tourismuswerbung noch eine Auszeichnung des sonst so plaktiv gelobten Vorarlberger Gesundheitssystems, wenn man in Vorarlberg dreimal häufiger als anderswo in Österreich Gefahr läuft, zu einem 24-Stunden- Pflegefall zu werden.

Dieser Großzügigkeit gegenüber den Heimleitungen steht eine vorsätzliche Defensivstrategie bei den privaten Pflegegeldbedürftigen gegenüber. Neben dem Umstand, dass nirgndwo sonst sich die Bedürftigen auf den mühsamen und teuren Gerichtsweg begeben müssen und unendlich teure Gutachten einholen und sich damit wiederholten Untersuchungsprozeduren aussetzen müssen, werden in Vorarlberg die möglichen Pflegegeldbezieher bereits von der Antragsstellung abgehalten.

Der Rechnungshof lobt diesen Skandal - weil sparsam - als vorbildich. Das führt dazu, dass in Wien allein 50 Prozent mehr Anträge als in Vorarlberg gestellt wurden und in Kärnten 33 Prozent mehr Pensionisten in den "Genuss" des Pflegegeldes kommen. Mit "nur" 15,3 % Anteil der Pflegeldbezieher an den Pensionisten ist Vorarlberg das Schlusslicht mit dieser notwendigen Leistung für die häusliche Pflege. Wobei noch eine andere Zahl dem Rechnungshofbericht hinzuzufügen ist: Die Vorarlberger beziehen Jahr für Jahr im Durchschnitt die niedrigste Rente unter den Österreichern.

Quellen:
Rechnungshof - Pensionsversicherungsanstalt: Vollzug des Bundespflegegeldgesetzes - Berichtsteil
Höhe des Pflegegeldes
Handbuch der österreichischen Sozialversicherung - 2009

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